Ausstellungseröffnung: 700 Jahre erste urkundliche Erwähnung der Burg Neuwindeck
Wie haben Johannes von Windeck und Clara von Reichenstein vor 700 Jahren auf Burg Neuwindeck gelebt? Was haben ihre fünf Kinder den lieben langen Tag so gemacht? Wie war ihre Burg gebaut? Die Exponate der Ausstellung “700 Jahre Burg Neuwindeck” im Rathaus lassen Antworten erahnen, so etwa die grünen Fragmente von Ofenkacheln, die Scherben von Glasartikeln, die geschmiedeten Nägel oder die Knöpfe für ein Gewand.
Das kunstvoll gearbeitete Teil eines Nuppenbechers verweist in die Zeit des 13. und 14. Jahrhunderts und wurde vielleicht in einer Glasmanufaktur in Venedig gefertigt, während der Steigbügel wohl zum Pferdegeschirr des Ritters gehörte, der Kummetbeschlag zu einem Ochsengespann und die Tonscherben zu Gefäßen für Küche, Keller und Haushalt gehörten.
Die Ausstellung ist bis Ende dieses Jahres während der Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen, unter den Exponaten befinden sich Dokumente und Informationen über die Windecker sowie Gemälde der Burg aus der Sammlung von Willy Scheurer (Lauf).
Die Burg wurde 1270 von Eberhard von Windeck aus Granit und Sandstein erbaut, der Ortshistoriker Alfred Graf erforschte ihre Geschichte, kennt sich darin bestens aus und veröffentlichte im Verlag Roland Klöpfer eine Neuauflage seines Buches über “Das Laufer Schloss”.
Wie diese damals ausgesehen haben könnte, haben Alfred Graf und Siegfried Huber in detaillierten Modellen rekonstruiert, die Herzstücke der Ausstellungen sind und eine sehr gute Vorstellung von der stattlichen Burg mit ihrem 20 Meter hohen Bergfried, dem Wohnhaus mit Rittersaal und der Drei-Königs-Kapelle geben, ebenso von Zwinger, Burgtor und Zwingmauer.
“Aufgrund der vorhandenen Grundformen lässt sich die Burganlage sehr gut rekonstruieren”, so Graf. Denn neben dem Bergfried stehen einige hohe Außenmauern, die ein Bild vom Original vermitteln, das nach einer kostenintensiven “Jahrhundertsanierung” durch das Land Baden-Württemberg und der sehr guten Unterhaltung durch die Gemeinde und den Kultur- und Heimatverein mit Leben erfüllt wurde und den Bürgern freien Zugang ermöglicht. Darauf verwies Bürgermeisterin Bettina Kist und stellte fest, dass die Burg “ein historischer Ort und ein lebendiger Treffpunkt” sei, wie bei der Weinwanderung oder beim Burgfestival. Darüber hinaus sei die Burg das Wahrzeichen der Gemeinde Lauf und sie kam dadurch zum “Sprechen”, weil Alfred Graf sein Wissen an die Bevölkerung weitergebe und in Büchern veröffentliche.
“Unser Laufer Schloss ermahnt uns, dass wir achtsam und friedlich mit unserer Welt umgehen müssen, wenn wir eine gute Zukunft erleben wollen”, so Alfred Graf. “Wenn auch die Windecker nicht mehr da sind, so dürfen wir uns darüber freuen, dass wir weiterhin in den geschichtsträchtigen Mauern großartige Feste und stimmungsvolle Aufführungen erleben dürfen.” Dieses Fazit seines glänzenden Vortrages war auch ein Vermächtnis an die Mitbürger und vor allem an die jüngere Generation, dass sie dieses wichtige Erbe gut bewahren und ihre Freude an dem “steinernen Zeugen” aus der Zeit der tapferen Ritter und edlen Frauen haben.
In einer spannenden Zeitreise nahm der Ortshistoriker die Besucher 700 Jahre zurück zur Ersterwähnung der Burg und zu jenem 31. August 1325, als sich der Rat und die Meister der Stadt Straßburg zu einem besonderen Anlass versammelten. Denn anlässlich seiner Hochzeit hat Johannes von Windeck unter Zeugen eine “Wittumsverschreibung” für seine Ehefrau Clara von Reichenstein vorgenommen. Diese Brautgabe stand der Ehefrau persönlich zur Verfügung und es war eine soziale Absicherung, sollte sie zur Witwe werden.
Zum Wittum gehörte eine Mühle unterhalb der Burg Neuwindeck (“Under dem Nuwen Windecke”), ebenso Höfe, Ländereien und 180 Straßburger Silbermark. Nach heutiger Kaufkraft wären dies 2,5 Millionen Euro und damit war Clara für den Fall der Fälle bestens versorgt.
Bei ihrer Hochzeit waren beide wohl nicht älter als 14 Jahre, denn Ehen waren Mittel zum Zweck, um Allianzen zwischen Adelsfamilien zu schmieden und politische Bündnisse zu stärken, so Graf. “Als das Ehepaar in Lauf ankam, war die Burg sicherlich festlich geschmückt und viele tapfere Ritter, edle Frauen und leibeigene Bauern und Lehnsleute hatten sich eingefunden, um einen neugierigen Blick auf die neuen Herrschaften der Burg Neuwindeck zu werfen.”
Text: Roland Spether




